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Wie teuer ist Osteoporose?

Jeder dritte Mensch über 65 Jahre stürzt mindestens einmal pro Jahr. Jeder zehnte Sturz führt zu einer schwerwiegenden Verletzung. Häufig handelt es sich hierbei um einen Knochenbruch. Frakturen und deren Konsequenzen stellen daher ein ernstzunehmendes Problem, vor allem für die ältere Bevölkerung dar.

Ein begünstigender Faktor für eine Fraktur ist die Verringerung der Knochendichte, eine Osteoporose. Die Folgen solcher Frakturen sind gefürchtet: häufig folgt eine Operation, ein Krankenhausaufenthalt, eingeschränkte Bewegung, vorübergehende Hilfsbedürftigkeit bei Verrichtungen des täglichen Lebens, im schlimmsten Fall dauerhafte Pflegebedürftigkeit.

Knochenbrüche verursachen erhebliche Kosten

Neben diesen individuellen Schicksalen bedeutet die Behandlung dieser Frakturen Kosten für das Gesundheitswesen. Im schlimmsten Fall entstehen so Kosten für den hinzu gerufenen ärztliche Notdienst, für den Krankentransport, die Krankenhausbehandlung, eine Rehabilitation, für die ärztliche Nachbehandlung …. Schnell summieren sich hier zahllose Posten. Um die Bedeutung osteoporotisch bedingter Knochenbrüche für das Gesundheitswesen zu ermitteln haben sich Gesundheitsökonomen des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf um Prof. Hans-Helmut König daran gemacht, die Kosten solcher Frakturen zu ermitteln.

Osteoporose ist nicht für jeden Knochenbruch verantwortlich

Da nur ein Teil der Knochenbrüche in Krankenhäusern behandelt wird und nicht jede Fraktur bei einem älteren Menschen auf Osteoporose zurückzuführen ist, musste zunächst ein Simulationsmodell entwickelt werden, das die vermutlich durch Osteoporose begünstigten Brüche erfasst. Die Hamburger Gesundheitsökonomen schätzen, dass im Jahr 2010 knapp 120.000 Knochenbrüche auf osteoporotische Veränderungen zurückzuführen waren.

„Die Kosten für Krankenhausbehandlungen sind zwar leicht zu ermitteln, sie sind aber eben nur ein Teil der in Zusammenhang mit Osteoporose anfallenden Ausgaben. Was schwieriger zu ermitteln ist, sind Kosten für die Pflege durch Angehörige oder in Pflegeheimen. Gerade bei Hüftfrakturen sind diese aber sehr erheblich“, so der Gesundheitsökonom Florian Bleibler.

Knochenbrüche können aber auch zu finanziellen Einbußen bei Familienangehörigen führen. Denkbar ist, dass die Tochter die eigene Berufstätigkeit reduziert, um durch ihre Unterstützung der Mutter ein Leben zu Hause zu ermöglichen. Oder es fällt die Oma aus, die bis dahin die Enkelin an zwei Nachmittagen betreut hat. Letztere Kosten sind keine direkten medizinischen Versorgungskosten. Dennoch sind sie aus gesellschaftlicher Sicht sehr bedeutsam, sind aber nur schwer zu erfassen. Daher sind sie in ökonomischen Modellen meist nicht berücksichtigt.

Für das Jahr 2010 ermittelte der Gesundheitsökonom Bleibler direkte Ausgaben in der Höhe von ca. 1 Milliarde Euro, die auf osteoporotische Knochenbrüche zurückzuführen waren. Von dieser Summe waren immerhin rund 20 % für die stationäre Pflege von Hüftfrakturen anzunehmen. „Wir arbeiten hier mit einem Modell. Das heißt, die tatsächlichen Kosten können wir nur schätzen, da sie nicht zentral erfasst werden. Wir glauben jedoch, dass dieses Modell sehr nahe an die Wirklichkeit kommt“, betont Florian Bleibler.

Heute an morgen denken

Noch alarmierender sind die Zahlen, die Florian Bleibler für das Jahr 2030 ermittelt hat: „Wenn wir nichts tun im Hinblick auf die Verhinderung solcher Knochenbrüche, werden sich die geschätzten Kosten innerhalb von 20 Jahren vervierfachen. Diese Kostensteigerung kann vor allem darauf zurückgeführt werden, dass die Anzahl der älteren Menschen deutlich größer werden wird“, warnt der Fachmann. Dies macht deutlich, dass Sturzprävention und Osteoporose-Vermeidung eine große Bedeutung für das Gesundheitswesen haben werden.

Der Epidemiologe Kilian Rapp vom Projekt „Schritt halten“ sieht die Zahlen der Gesundheitsökonomen als weiteren Beleg dafür, dass es gesellschaftlicher Bemühungen bedarf, eine solche Kostenexplosion zu verhindern. „Wenn die Kosten von Stürzen und deren gesellschaftliche Dimensionen diskutiert werden, darf der Einzelne allerdings nicht aus dem Blickfeld rücken“, so Kilian Rapp, „denn sie sind es, die durch Stürze Leid und damit eine Einschränkungen ihrer Lebensqualität erfahren.“

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