Nachgefragt
An welchen Ergebnissen läßt sich das Projekt messen?
Um den Erfolg eines Programms messen zu können bedarf es messbarer Ziele. Diese wurden durch die Lenkungsgruppe festgelegt und zielen auf eine Steigerung der körperlichen Aktivität und Reduktion von Stürzen und sturzbedingten Verletzungen in Reutlingen. Neben Daten der Krankenkassen sollen diese Ziele durch eine Telefonbefragung gemessen werden.
Kooperation mit den Krankenkassen
In einem ersten Schritt wurde der aktuelle Stand durch eine Telefonbefragung ermittelt. Der erfahrene Gesundheitswissenschaftler Kilian Rapp konzipierte die Befragung. "Wichtig ist, dass wir bei einer erneuten Befragung in zwei Jahren berücksichtigen, dass sich möglicherweise das Verhalten und der Gesundheitszustand der älteren Bevölkerung ganz allgemein ändert", berichtet Dr. Rapp. Daher wählte er die Stadt Ludwigsburg als Vergleichsregion aus und BoschBKK und AOK schrieben für das Projekt einen Teil ihrer Versicherten in beiden Städten an. In der 15-minütigen Befragung ging es dabei vor allem um das Sport- und Bewegungsverhalten sowie um Stürze und das Wissen um Risikofaktoren. Dr. Petra Benzinger betont, dass man bei der Zusammenstellung der Fragen hauptsächlich auf validierte Befragungsinstrumente zurückgegriffen hat. "Es war nicht einfach", so die Medizinerin, "all die Fragen, die uns interessiert haben, in einer 15-minütige Befragung zu erfassen. Auf so manche Frage mussten wir verzichten mit Blick auf die geplante Gesprächslänge."
Telemedizin unterstützt das Projektteam
Das Projektteam wurde bei der Telefonbefragung durch Mitarbeiterinnen der Telemedizin des Robert-Bosch Krankenhauses unterstützt. Nur so waren die knapp 500 Befragungen realisierbar. Dr. Petra Benzinger legte großen Wert auf eine gute Schulung der Interviewer und häufige Rückkopplung mit den Interviewern. „Nur so können wir davon ausgehen, dass eine erneute Befragung in zwei Jahren vergleichbare Ergebnisse erbringt“ betonte die Koordinatorin der Befragung.
„Normale Verhältnisse“ in Reutlingen
Erste Ergebnisse zeigen nun, dass Reutlingen "im Durchschnitt" liegt. Sowohl die Angaben zur körperlichen Aktivität als auch zur Sturzhäufigkeit entsprechen in etwa Vergleichswerten aus der Literatur. Überraschend erscheint hier nur, dass Männer den Frauen vergleichbare Angaben hinsichtlich der Hausarbeit machten. Ob hier besondere "Reutlinger Verhältnisse" vorliegen oder Reutlinger Männer zu Überschätzungen neigten lasse sich nur durch Bewegungssensoren klären, so eine erste Einschätzung durch Dr. Clemens Becker. Allerdings seien die höheren Werte der Männer hinsichtlich sportlicher Aktivitäten und Freizeitaktivitäten auch in andere Untersuchungen beschrieben worden.
Stürze auch in Reutlingen ein häufiges Problem
Immer wieder finden sich Angaben, dass jedes Jahr rund 1/3 der älteren Menschen stürzen. Die Befragung in Reutlingen ergab nun, dass annähernd 3 von 10 der Befragten mindestens einen Sturz im vergangenen Jahr erlebten. Für die Befragung hatten sich keine Pflegeheimbewohner gemeldet. Berücksichtigt man die deutlich höhere Sturzrate dieser Menschen, so entsprechen die nun bei selbständig lebende Ältere in Reutlingen erhobenen Zahlen den internationalen Werten. Diese Zahlen machen deutlich, dass selbst rüstige ältere Menschen ein hohes Risiko für Stürze haben. "Insbesondere Frauen über 75 Jahren berichteten über Stürze. Jede vierte dieser Frau berichtete, im zurückliegenden Jahr gestürzt zu sein" weiß Dr. Kilian Rapp. Dabei ist das Wissen um Risikofaktoren für Stürze unter den älteren Befragten deutlich geringer als unter den Jüngeren.
Weitere Auswertungen zielten nun vor allem darauf, das Bewegungsverhalten der Befragten besser zu verstehen um dies im weiteren Projektverlauf zu berücksichtigen.
-pb-