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Besuch aus der Toskana in Reutlingen

Am 26. August 2011 besuchte Dr. Francesco Benvenut mit zwei Kollegen Reutlingen. Die Kollegen aus dem toskanischen Empoli (Italien) wollten sich über „Schritt halten“ vor Ort informieren. Alle drei Kollegen arbeiten für das Gesundheitsamt in Empoli und möchten in naher Zukunft ein ähnliches Programm wie „Schritt halten“ erarbeiten und umsetzen. Nicht nur die Kommune Empoli sondern die gesamte Toskanische Gesundheitsregion hat Sturzprävention als wichtiges Thema der Zukunft erkannt. Daher soll dort im Zuge der nächsten Gesundheitsplanung Sturzpräventionsmaßnahmen größere Bedeutung zukommen. Die Hospitation in Reutlingen sollte einen Einblick in die Projektarbeit vor Ort bieten sowie die Möglichkeit mit verschiedenen Reutlinger Kooperationspartnern ins Gespräch zu kommen und daraus zu lernen.

Ein Bewegungsprogramm für ältere Menschen mit körperlichen Einschränkungen

Was es in Empoli bereits gibt und flächendeckend hervorragend verbreitet werden konnte, ist das sogenannte „APA Programm“ („Adapted Physical Activity“ – zu Deutsch: an die jeweiligen Fähigkeiten angepasste körperliche Bewegung). Das Programm wurde von Dr. Benvenuti vor einigen Jahren ins Leben gerufen. Mittlerweile gilt es als beispielhaftes Bewegungskonzept und wird in nahezu allen Teilen der Toskana für ältere Menschen angeboten.

Trainiert wird dreimal pro Woche jeweils eine Stunde in verschiedenen Räumlichkeiten (Fitnessstudios, Gemeindehäuser, Gesundheitszentren, Schwimmbäder, ...) wohnortnah im Quartier. Die Kurse finden meist vormittags unter der Woche statt, um die „Leerzeiten“ der Räume zu nutzen. Mit Musik und dem Einsatz unterschiedlicher Geräte wie Stöcke, Seile oder kleinen Hanteln werden Kraft, Balance und Gehfähigkeit der Senioren trainiert. Die Übungsleiter werden von Physiotherapeuten umfassend und regelmäßig geschult, sodass Sicherheit und Qualität gewährleistet werden kann. Die Kosten belaufen sich auf ca. 2€ pro Übungsstunde – was umgerechnet für den Italiener „einem Espresso und einem Brioche“ entspricht.

Mund-zu-Mund Propaganda als wichtiger Katalysator

Geworben wird für „APA“ über ausgelegte Flyer, Mund-zu-Mund Propaganda und Anzeigen des Gesundheitsamtes. Die beste Werbung, so Dr. Benvenuti, sei jedoch wenn ein Sport- und Bewegungsprogramm in aller Munde ist. „Wenn alle Älteren aus dem Bekanntenkreis zur Bewegungsgruppe gehen, dann will man da selbst auch dabei sein.“ Um am „APA Programm“ teilzunehmen, melden sich die Senioren bei der entsprechenden Stelle (z.B. beim Gesundheitsamt, Krankenhaus, Kommune). In vielen Fällen werden „APA“ Kurse jedoch auch vom Haus- oder Facharzt empfohlen. Eine Physiotherapeutin testet die motorischen Fähigkeiten des potentiellen Teilnehmers und sucht aus einer Datenbank eine geeignete, möglichst wohnortnah stattfindende Bewegungsgruppe aus. Neue „APA“ Kurse werden gestartet, sobald sich Wartelisten gebildet haben.

Ist ein Schild „geschlossen wegen APA“ angebracht – findet dort gerade Training statt

Einmal jährlich wird ein „APA-Tag“ organisiert. Im größten Stadion in Empoli wird eine Feier veranstaltet, zu der alle Übungsleiter und „APA“ Teilnehmer sowie alle Interessierte aus der Region eingeladen sind. Bei Live-Musik und unter freiem Himmel wird gemeinsam gefeiert und, wie könnte es anders sein, sich gemeinsam bewegt.

Mittlerweile gibt es bereits APA-Übungsprogramme die speziell auf die Beschwerden älterer Menschen mit Parkinson, nach einem Schlaganfall oder mit chronischen Rückenschmerzen angepasst sind.

-dk-

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